Influencer für eine bessere Haltung von Zierfischen

Lehrer und YouTuber: Martins Fische

Martin Schmidt
Udo Gottschalk
In seinen Aquarien baut Martin Schmidt Biotope nach, die so natürlich wie möglich sind.

Der Biologie- und Sportlehrer Martin Schmidt zeigt auf YouTube sein Hobby: die Aquaristik. Damit klärt er über die Zierfischhaltung auf.

Dichter Pflanzenwuchs quillt aus den mehr als einem Dutzend Aquarien, die sich in Martin Schmidts Arbeitszimmer an den Wänden reihen. Fische sind darin manchmal nur schwer zu entdecken. Vielen Zuschauern auf Youtube sind Schmidts Tiere aber wohlbekannt. Denn auf seinem Kanal „Martins Fische“ dreht sich alles um sein Hobby: die Aquaristik.

Drei Jahrzehnte Erfahrung

Schmidt ist ein Kapuzenpulli-Typ. Blonder Wuschelkopf, kurzer Bart, breites Lachen. In seinem Brotberuf ist er Lehrer für Biologie und Sport in Essen. Als Youtuber zeigt der Herr der Fische an seinen Becken und den Buntbarschen, flinken Salmlern oder glitzernden Regenbogenfischen darin, welche Pflege diese Tiere brauchen, wie Aquarien eingerichtet werden oder wie man Fische mit einem Kescher fangen kann, ohne sie allzu sehr unter Stress zu setzen. Seit mehr als 30 Jahren hält Schmidt Fische. Es sind kleine Aquarien, daher hält er klein bleibende Arten.

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Rund 36.000 Menschen folgen "Martins Fische" derzeit auf Youtube. Zwar gibt es über Aquaristik größere deutschsprachige Kanäle, aber die sind kommerziell, das heißt: In den Videos ist Werbung geschaltet oder die Youtuber zeigen Produkte von Firmen, von denen sie gesponsert werden, oder sie sind selbst Zoofachhändler.

Trend: Kunstvolle Landschaften unter Wasser

Aquaristik gilt als verstaubtes Altherrenhobby. "Aber das scheint sich gerade etwas zu ändern", sagt Schmidt. Sein Kanal erreicht viele junge Menschen. Möglicherweise sei es der Trend des Aquascapings, das viele Jüngere ins Hobby ziehe, überlegt er. Aquascaper bauen unter Wasser kunstvolle Miniaturlandschaften, die aussehen wie ein Gebirge oder wie eine bekannte Filmkulisse.

YouTuber Martin Schmidt
epd/Udo Gottschalk
In seinen Videos ist Martin Schmidt zeigt Martin Schmidt, welche Pflege Buntbarsche, Salmler oder Regenbogenfische benötigen.

Schmidts Ansatz ist ein anderer. Er baut Biotope, die so natürlich wie möglich sind. Das Wasser in seinen Becken ist oft teebraun, weil dessen Bewohner aus morastigen Urwaldtümpeln stammen. Aber er kombiniert mittlerweile auch gerne Mal Elemente aus dem Aquascaping mit seinen Biotopen.

"Ursprünglich habe ich einfach nur meinen Weg der Tierhaltung zeigen und dokumentieren wollen", erzählt der 39-Jährige. Außerdem habe er sich mit anderen Aquarianern vernetzen wollen.

Tiere sterben an Haltungsfehlern

Eine weitere Motivation für seine Videos sei ihm mit der Zeit immer wichtiger geworden, sagt Schmidt. Er wolle die Haltungsbedingungen von Zierfischen verbessern. Er weiß um die dunkle Seite der Aquaristik: Jedes Jahr gehen viele Fische an falschen Haltungsbedingungen zugrunde - unter anderem deswegen, weil das Hobby viel Fachwissen erfordert. Aber nicht jede und jeder, die oder der ein Aquarium aufstellt, hat dieses Wissen.

Wie viele Fische genau es sind, pro Jahr an Haltungsfehlern sterben, weiß niemand. Der Deutsche Tierschutzbund gibt für Deutschland eine Zahl von 60 Millionen an – allerdings weiß niemand genau, wie viele Zierfische hierzulande pro Jahr über den Ladentisch gehen oder wie viele der Tiere in den rund zwei Millionen deutschen Aquarien eigentlich leben. Die Verlustzahl des Tierschutzbunds ist daher eine reine Schätzung.

Differenzierter Zugang zu dem Hobby

„Mit steigender Followerzahl habe ich gemerkt, dass ich hier Einfluss habe“, sagt Schmidt. Den wolle er nutzen, damit seine Fans tödliche Fehler vermeiden – die ihm früher auch selbst unterlaufen seien. Wobei ihm wichtig sei – und das betont Schmidt in vielen seiner Videos -, dass sein Ansatz zur Pflege von Fischen nur einer von mehreren möglichen sei.

Häufige Fehler bei der Fischhaltung

  • Zu viele Fische: Überbesetzte Aquarien führen zu Stress bei den Fischen und geringer Lebenserwartung. Als Faustformel gibt der Deutsche Tierschutzbund an: Für jeden Zentimeter, den ein ausgewachsener Fisch an Länge erreichen kann, benötigt er zwei Liter Wasser.
  • Zu groß werdende Fische: Häufig hört man, dass Fische sich in ihrer Größe ihrem Aquarium anpassen könnten. Das stimmt nicht. Fische wachsen ihr ganzes Leben lang. In einem zu kleinen Aquarium werden sie nur deshalb nicht so groß, weil sie stressbedingt vor ihrer Zeit sterben.
  • Nicht zueinander passende Arten: Jede Fischart hat ihre eigenen Ansprüche an Temperatur, ph-Wert und Kalkgehalt des Wassers. Setzt man zwei Arten mit unterschiedlichen Ansprüchen in ein Aquarium, geht auf Dauer mindestens eine Art dabei zugrunde.
  • Uninformiertheit: Keinen Fisch kaufen, über dessen Bedürfnisse man sich nicht vorab informiert hat. Auf die Qualität der Beratung in Zooladen kann man sich nicht immer verlassen. Noch immer verkaufen viele Geschäfte Fischarten, die prinzipiell ungeeignet sind für die Haltung in Aquarien.
  • Überfütterung: Tropische Gewässer sind von Natur aus nahrungsarm. Zierfische brauchen daher meist nicht viel zu fressen und werden sogar krank, wenn sie überfüttert werden. Sie sollen nur ein bis zwei Mal am Tag fressen, und nur so viel, wie sie in fünf Minuten vertilgen können. Außerdem leidet die Wasserqualität, wenn zu viel Futter in Becken kommt.
  • Eintönige Fütterung: Industriell hergestelltes Flocken- oder Granulatfutter ist höchstens eine gute Grundlage, aber kein Alleinfutter. In der Natur fressen die meisten Fische Krebschen oder Insektenlarven. Wer seinen Pfleglingen kein lebendes Futter bieten kann, sollte ihnen wenigstens regelmäßig gefrostete Wasserflöhe, Mückenlarven oder ähnliches reichen.
  • Mangelnde Pflege: Im Wasser reichern sich Stoffwechselabbauprodukte an, die giftig sein können. Mindestens ein Mal pro Woche sollte man Schmutz entfernen und einen Teil des Wassers im Becken austauschen.

Nebenbei erklärt er ökologische Zusammenhänge. „Das liegt mir ja sehr nah, so als Biolehrer“, sagt Schmidt mit breitem Grinsen. Er erläutert in seinen Videos zum Beispiel, wie Bakterien giftige Stickstoffverbindungen im Aquarienwasser abbauen können, und spricht dann von den „guten Bakterien“ – leicht verständlich eben. „Ob das Nitrosomonas oder Nitrobacter sind, ist egal“, sagt er. „Das ist die Ebene, die für das Hobby reicht.“

Werbung lehnt Martin Schmidt ab

Während er erzählt, baut er ein Stativ auf, schraubt sein Handy daran und stellt es vor einem der Bassins auf. „Könnte sein, dass sie gerade ablaichen“, sagt er dabei. Er zeigt auf ein paar erdbeerrote Fischlein, die zuckend durch dichtes Wurzelgeflecht schwimmen. „Boraras brigittae“, stellt er sie vor. Bärblinge aus dem Süden der Insel Borneo.

Anfragen, ob er in seinen Videos nicht auch Ware vorstellen wolle, bekomme Schmidt auch, sagt er: „Die lehne ich aber alle ab.“ Sein YouTube-Kanal solle bitteschön Hobby bleiben. Allerdings nenne er schon mal einen Herstellernamen, wenn er etwa einen seiner Filter zeige oder eine Aquarienlampe. Da komme er ja kaum drumherum, sagt er, wenn zum Beispiel das Herstellersignet im Film zu sehen ist oder wenn seine Follower ihn in den Kommentaren nach dem Namen eines Produkt fragten. Dann nenne er aber oft mehrere Hersteller, die infrage kämen. Und wenn er ein Produkt nicht gut findet, sage er das auch.

 

Verborgen vor Schülerinnen und Schülern auf YouTube gestartet

Wenn Schmidt auf Aquaristik-Messen geht, werde er jedes Mal erkannt, berichtet er: „Einerseits ist das schön, weil ich dann viele tolle Gespräche führen kann.“ Andererseits habe er kaum noch Zeit, sich auf Messen umzusehen – oder erst dann, wenn die Schauen ihrem Ende zugingen. Vor seinen Schülerinnen und Schülern habe er seine YouTube-Filme anfangs sogar geheim gehalten. Aber die hätten das irgendwann selbst herausgefunden. „Die gehen aber sehr locker damit um“, erzählt er.