Warum wir für unsere Demokratie kämpfen sollten

Markus Nierth wurde als Pfarrer & Bürgermeister bedroht

Markus Nierth war in Tröglitz Bürgermeister
privat/epd

Markus Nierth kennt es, wenn die Grenzen der Demokratie bis ans Maximale erprobt werden. Bis hin zu Morddrohungen, kennt er den Gegenwind, der engagierte Menschen treffen kann. Ich habe mit ihm gesprochen, wie das sein Leben verändert hat.

Morddrohungen, weil er sich für die Demokratie stark gemacht hat: Markus Nierth ist evangelischer Theologe und hat unter anderem im hessischen Oberursel studiert. Ende der 1990er Jahre ist er von Hessen nach Tröglitz in Sachsen-Anhalt gegangen.

Morddrohungen und Hassbriefe

Als Bürgermeister hatte er sich für ein Flüchtlingsheim eingesetzt und wurde von Neonazis massiv bedroht. „Es kamen dann Morddrohungen und meine Frau erhielt Briefe, die mit Kot gefüllt waren.“

Brandanschlag in Tröglitz

In der Nacht zum 04. April 2015 wurde in einem für Geflüchtete vorgesehen Mehrfamilienhaus Feuer gelegt. 

Die ganze Familie stand ein dreiviertel Jahr unter Polizeischutz: „Die Kinder hatten Angst und haben furchtbar darunter gelitten, aber das schlimmste war die soziale Isolierung, die auf ein Mal da war.“

Was hat Sie damals (und heute noch) besonders geschockt?

Markus Nierth: Das Schweigen der Mitte war das eigentlich Erstaunliche und Erschreckende, dass sich auch so viele von den sozialen Autoritäten wegducken und angepasst weiterleben.

Das, was offensichtlich Not tut, nämlich Zivilcourage zeigen und Stellung beziehen, gerade auch aus christlicher Sicht, blieb zum Teil aus, das hat uns echt geschockt. Es gab aber auch Friedensgebete für uns in der Kirche.

Was hat Ihnen und Ihrer Familie Kraft gegeben?

Markus Nierth: Bei der menschlichen Enttäuschung, die auf der einen Seite entsteht, muss man schauen, dass man woanders her Kraft bekommt. Wir haben furchtbar viel gebetet und manchmal auch geweint und uns am Glauben festgehalten. Und wir haben Gott sei Dank Ausgleich gefunden durch neue Freundschaften.

Außerdem haben wir gemerkt, wie ernst die Lage ist, weil der Rechtsruck wirklich Raum nimmt, dass sie es schaffen, bisher friedliche Ortschaften zu instrumentalisieren und die braune Stimmung so zu erobern, und das macht mir Angst.

Wie ist Ihre Erfahrung: Wie komme ich ins Gespräch?

Markus Nierth: Es kommt im eigenen Familienkreis vor, dass man inzwischen den größten Mist hört, und es ist ohne Zweifel schwer, zu widersprechen.

Ich finde es ist wichtig, dem Gegenüber immer seine Würde zu lassen, aber deutlich anzusprechen, was man inhaltlich falsch findet.

Meine Erfahrung ist, dass es gut ist einen psychologischen Andockungspunkt zu finden und zu fragen: Was ist eigentlich der Grund dahinter, warum du so redest? Was sind die eigentlichen Verletzungen? Wenn wir dann in ein echtes Gespräch kommen, können wir noch was bewegen.

Wo fängt Demokratie für Sie an?

Markus Nierth: Eigentlich fängt Demokratie schon ganz früh an, dass wir als Erwachsene Kindern Raum geben, sie selbst zu sein und sie nicht weiter in unsere funktionale und konsumorientierte Welt pressen.

Wir müssen die Menschen sich entwickeln und zu mündigen Bürgern werden lassen. Das ist die eigentliche Voraussetzung der Demokratie. In meinem Umfeld erlebe ich, dass die Herzensentwicklung oft auf der Strecke bleibt und das hat schlimme Folgen.

Hier im Video erzählen Susanna und Markus Nierth nicht nur von den Erfahrungen, sondern zeigen auch, wie sie in Tröglitz leben. 

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