Mit dem Urteil im Mordprozess an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke ist die unselige Angelegenheit – ungeachtet einer möglichen Revision – keineswegs erledigt. Im Gegenteil: Das Verfahren markiert hoffentlich und endlich den Ausgangspunkt einer Entwicklung, die eigentlich längst begonnen haben müsste.
Viel zu lange war der deutsche Staat auf dem rechten Auge blind. Spätestens nach der rechtsradikalen NSU-Mordserie unter arglosen Menschen mit Migrationshintergrund hätten Verfassungsschutz und Polizei wissen müssen, was sich da im braunen Sumpf zusammengebraut hat.
Doch die Verstrickung mancher Ermittler und ihrer V-Leute ins rechtsradikale Milieu wirft vielmehr die Frage auf, ob sie es überhaupt wissen wollten.
Diese Ideologie hat unter dem Deckmantel einer sich bürgerlich gebenden Partei Einzug in die Parlamente gehalten. Dort macht die sogenannte AfD hoffähig, was lange nur am Stammtisch gärte: Ausländerhass, Rassismus, Nationalismus.
Wer Leute erschießt in der irrigen Annahme, dem Vaterland damit etwas Gutes zu tun, mag von schlichtem Gemüt sein. Die geistigen Brandstifter aber sind es nicht.
Ist der Verfassungsschutz auch beim Lübcke-Prozess auf dem rechten Auge blind?