18. September 2005: In der legendären "Elefantenrunde" am Abend der Bundestagswahl sieht sie sich einem marodierenden Gerhard Schröder gegenüber. Der poltert und will unbedingt Kanzler bleiben. Okay, der Vergleich mit einem auf dem Supermarktboden strampelnden Kind, das unbedingt Schokolade haben will, hinkt minimal. Parallel dazu lässt sich die „Mutti“ aber vom noch-Kanzler ebenfalls nicht aus der Ruhe bringen.
Im Februar 2009, kurz nach der Pleite der Bank Lehman Brothers, kommt das, Achtung, Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz (deutsche Sprache, schöne Sprache!). Wahrscheinlich nicht zum ersten Mal, aber sehr prominent, bezeichnet Merkel eine Vorgehensweise als "alternativlos".
Für mich bedeutet dieses Wort bis heute: klar sollen und müssen wir uns als Wähler über bestimmte Sachverhalte schlau machen und müssen nicht alles schlucken, was "die da oben" entscheiden. Gleichzeitig habe ich nach wie vor Vertrauen in unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat. Und für mich hat "alternativlos" von Frau Merkel bedeutet: Wir haben uns angeguckt, was wir machen können, und das hier ist die beste Lösung. Ob sie damit immer Recht hatte, weiß ich nicht. Wie bei meiner Mama. Die hat mir, unter Anderem, eine relativ gesunde Balance zwischen "selber nachdenken" und "Vertrauen" mitgegeben.
9. Juni 2011:
Fukushima hat meine Haltung zur Kernenergie verändert.
sagte die promovierte Physikerin. Ob der Atomausstieg überhastet, gerechtfertigt, klug oder nicht war, will ich hier nicht diskutieren. Aber ich wünsche mir von einem/einer zukünftigen Kanzler/in, dass er/sie bereit ist, Althergebrachtes zu überdenken und auch zu ändern. Ein "weiter so" darf es an vielen Punkten in diesem Land nicht geben. Meine Mama ist nach rund 30 Jahren Kinder-Erziehen (wie gesagt, 5 Geschwister...) wieder in ihrem alten Job arbeiten gegangen, als Krankenschwester in einer Reha-Klinik. Weil sie nicht im Status Quo bleiben wollte.
2. August 2015:
Wir schaffen das.
Meine Mama hat nie entscheiden müssen, wie Deutschland mit einer Welle von Geflüchteten umgeht. Aber sie hat zum Beispiel den Migranten-Jungs, die bei uns in der Straße gespielt haben, was Süßes und nette Worte gegeben. Oder die ungarisch-stämmige Aldi-Kassiererin angesprochen und sich mit ihr angefreundet. Ich will über diesen legendären Satz "Wir schaffen das" nicht mehr schreiben als nötig - das ist schon genug passiert. Angela Merkel hat später noch gesagt:
Wenn wir jetzt anfangen, uns noch dafür entschuldigen zu müssen, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land.
Ich freue mich, dass Deutschland an dieser Stelle sein freundliches Gesicht zeigen konnte. Gleichzeitig, muss ich sagen: die Kanzlerin hat da nicht revolutionär oder "übermenschlich" gehandelt. In meinen Augen hat sie gehandelt, wie es ein Mensch mit Empathie und Menschenfreundlichkeit tun sollte. Wie meine Mama. Bin ich ehrlich.