Abtreibungen

Bye Bye Strafrechtsparagraf 219a: Was Ärztin Kristina Hänel dazu sagt

Ältere Frau mit gelbem Shirt und weißer Hose hält ein Mikro
epd/Stephan Wallocha

Für Informationen über Abtreibungen wurde die Gießener Ärztin Kristina Hänel verurteilt. Wie sieht sie die Abschaffung von Paragraf 219a?

Das war ein langer Weg für Kristina Hänel. Nach einer Strafanzeige von Abtreibungsgegnern hatte das Amtsgericht Gießen die Ärztin 2017 wegen Verstoßes gegen den Strafrechtsparagrafen 219a zu einer Geldstrafe verurteilt. 

Hänel ging in Berufung und kämpfte weiter, bis vor das Bundesverfassungsgericht.

Abschaffung von Paragraf 219a des Strafgesetzbuches

Die Verurteilung der Ärztin hatte eine bundesweite Debatte über den Paragrafen 219a ausgelöst. Im ganzen Land gab es Demonstrationen für die Abschaffung. 

Die Gießener Ärztin gab etlichen Medien Interviews, trat auf Podiumsdiskussionen auf und nahm an Info-Veranstlatungen teil. Paragraf 219a sei eine der Ursachen für die immer schlechter werdenden Versorgungslage beim Schwangerschaftsabbruch in Deutschland. 

Wir wollen nicht, dass Frauen wieder zum Kleiderbügel greifen müssen.

Kristina Hänel

Das sagt Paragraph 219a

Der Strafrechtsparagraf 219a verbietet Werbung für Schwangerschaftsabbrüche aus wirtschaftlichen Interessen und in „grob anstößiger Weise“. In der Praxis führte das dazu, dass Ärztinnen und Ärzte verurteilt wurden, weil sie auf der Internetseite ihrer Praxis über Schwangerschaftsabbrüche informierten.

Der Strafrechtsparagraf führte dazu, dass Ärzt.innen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, nicht darüber informieren durften. Dass Fachleute nicht sachlich informieren dürfen, kritisierte Hänel. Ganz besonders vor dem HIntergrund, dasas unqualifizierte und irreführende Äußerungen von Nicht-Fachleuten immer erlaubt gewesen seien.

Oft landeten Frauen in Not bei der Suche nach Informationen im Internet auf sogenannten „Babycaust“-Seiten von radikalen Abtreibungsgegnern, die Schwangerschaftsabbrüche mit dem Holocaust verglichen. Eine zusätzliche persönlichen Belastung der Frauen zu der ungewollten Schwangerschaft. Vor Hänels Praxis in Gießen hielten Abtreibungsgegner Mahnwachen ab.

Evangelische Frauen in Deutschland begrüßen die Abschaffung von 219a

Die evangelischen Frauen in Deutschland (EFiD) sind erleichtert über das Abstimmungsergebnis des Bundestages. Jetzt können sich Frauen und Männer in Schwagerschafts-Konflikten über medizinische Methoden fachlich richtig informieren. 

Der wichtige Schritt der Abschaffung eines von den Nationalsozialisten eingeführten Paragrafen wurde endlich gegangen.

Susanne Kahl-Passoth, Vorsitzende der EFiD

Befürchtungen, dass nun eine ausufernde Kommerzialisierung von  Schwangerschaftsabbrüchen eintritt, werde allein schon durch das ärztliche Berufsrecht entkräftet. „Berufswidrige Werbung ist Ärztinnen und Ärzten untersagt. Berufswidrig ist insbesondere eine anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung“, heißt es dort. Der §219a war demnach nicht, wie oft dargestellt, dass einzige Bollwerk gegen Kommerzialisierung oder anstößige Werbung.

 Er war jedoch ein Instrument, um Ärzt:innen zu kriminalisieren, wenn sie ihrem Arbeitsauftrag entsprechen. „Darüber hinaus ignoriert diese Interpretation völlig die Lebenswirklichkeit von Frauen“, sagt Anja Schwier-Weinrich, geschäftsführende Pfarrerin im Landesverband Evangelische Frauen in Hessen und Nassau e.V.

Keine Frau trifft so eine Entscheidung leichtfertig. Eine solche Unterstellung ist schlicht frauenfeindlich.

Anja Schwier-Weinreich

Die evangelischen Frauen machen aber auch darauf aufmerksam, dass einige grundlegende Probleme, die in Deutschland zu Schwangerschaftsabbrüchen führen, noch immer ungelöst sind. So zum Beispiel: eine strukturelle und reale Armutsgefahr insbesondere für Frauen, durch die notwendige Sorgearbeit für Kinder und Angehörige, wird gesellschaftlich noch immer hingenommen. Sie wird nicht als gesamtgesellschaftliches Problem gesehen, sondern letztlich zur persönlichen Fehlleistung einzelner Frauen gemacht.

Nach der Bundestagswahl im vergangenen Jahr  haben SPD, Grüne und FDP in ihrem Koalitionsvertrag beschlossen, den Paragrafen 219a zu streichen. Am Freitag stimmte der Bundestag nun abschließend zu. Hänel sagte dazu: „Ich freue mich, dass der unsägliche Paragraf, der viel Unheil angerichtet hat, damit der Geschichte angehören wird.“

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