Klimaschutz und Mobilität

Gib dem 9-Euro-Ticket eine Chance

Renate Haller
Kommentar von Renate Haller

Schon dein 9-Euro-Ticket gekauft? Für Renate ist es ein Schritt hin zur neuen Mobilität. Doch es muss noch mehr passieren.

Chaos an den Bahnsteigen, die Züge brechend voll, die Dauernutzerinnen und -nutzer des öffentlichen Nahverkehrs vergraust. Ach ja, und Sylt, völlig überrannt von weit her angereisten Menschenhorden. Schuld ist das 9-Euro-Ticket.

Das Ticket war kaum mehr als eine Idee, als es schon losging mit dem Geschimpfe. Die Panikmacher und notorischen Nein-Sager hatten Hochkonjunktur, bis Mitte dieser Woche endlich die Käuferinnen und Käufer der billigen Tickets in Straßenbahnen, Busse und Nahverkehrs-Züge einsteigen konnten.

Neues steht unter Generalverdacht. Wenn es dann auch noch schnell umgesetzt wird, kann es nur Murks sein.

Das 9-Euro-Ticket ist nicht die Lösung für die mannigfaltigen Probleme im öffentlichen Nahverkehr. Es ist auch nicht in allen Windungen durchdacht und nutzt nicht allen gleichermaßen. Und erst recht ist es – leider – nicht die Rettung für das Klima.

Das 9-Euro-Ticket ist ein Versuch, den unter den hohen Energiekosten leidenden Deutschen ein wenig Erleichterung für den Moment zu verschaffen. Und dabei hoffentlich ein paar mehr Menschen als bisher davon zu überzeugen, dass es nicht das Schlechteste ist, das Auto mal stehen zu lassen und umzusteigen in Bus und Bahn.

 Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Dass es gelungen ist, das günstige Ticket in wenigen Monaten umzusetzen, im bürokratischen Deutschland und mit der behäbigen Deutschen Bahn an der Seite, das ist die eigentliche Überraschung.

Es ist richtig: Es muss mehr passieren! Das Ticket kann nur einen Impuls geben. Mit ihm alleine gibt es keinen einzigen Waggon und keine Lok mehr, keine engere Taktung, kein durchschaubares Tarifsystem, keine durchgängige und bessere Streckenführung. Und es bringt auch keinen einzigen Bus in Dörfer, die vom öffentlichen Nahverkehr schon längst abgehängt sind.

Deshalb müssen die Anstrengungen für eine neue Mobilität weitergehen. Streckennetze gilt es aus- statt abzubauen, Radwege anzulegen, den CO2-Ausstoß im Verkehr deutlich zu senken und Kerosin zu besteuern. Das braucht politischen Willen und kostet Geld.

Corona hat die Digitalisierung vorangebracht und dafür gesorgt, dass Menschen weniger unterwegs waren und zum Teil noch sind. Homeoffice und Konferenzen am Bildschirm verringern das Verkehrsaufkommen. Da ist noch mehr drin, zum Wohl der Menschen und des Klimas.

Was denkst du?

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Das gilt auch für die Kirchen, die an vielen Stellen bereits einen Beitrag leisten für eine neue, das Klima schonende Mobilität. In vielen Gemeinden und Dekanaten gibt es Lastenräder, E-Autos und Mitfahrgemeinschaften, Landeskirchen rufen vor Aschermittwoch zum Autofasten auf, große Konferenzen sind digital organisiert.

Wenn das 9-Euro-Ticket drei Monate lang ein Verkaufsschlager wird, zeigt das, dass sich Menschen in Bus und Bahn locken lassen und sich Investitionen lohnen. Und wer weiß, vielleicht ist die Sache ja so erfolgreich, dass die Kirchen auf ganz neue Ideen für ein günstiges, zeitlich begrenztes Angebot für eine Mitgliedschaft kommen ...